Panama

Panama

In diesem Moment sitze ich in meinem neuen Zimmer und habe etwa fünf Stunden Schlaf hinter mir. Das Zimmer ist wirklich ziemlich spartanisch, aber genauso möchte ich es auch haben, denn ein Freund von viel Kram war ich ja noch nie. 😉 Es gibt hier einen Tisch, ein Bett und ein Fenster mit einer super Aussicht auf Mexiko.

fenster

Ich schaue also gegen eine Steinwand und kann, wenn ich starke Nackenschmerzen in Kauf nehme einen kleinen Ausschnitt blauen Himmel erkennen. Doch Hauptsache hier kommt ein bisschen frische Luft in meine „Zelle“, wie ich es eventuell nennen sollte.

Dieses neue Leben, was so ganz anders ist als in Deutschland hat mich als erstes etwas verängstigt. Nachdem meine Familie mich zum Flughafen gebracht hatte, saß ich kurz später mit einem wirklich merkwürdigen Gefühl im Magen im Flugzeug. Auf der einen Seite habe ich gar nichts empfunden, doch irgendwo in mir drin lag eine diffuse Menge an Emotionen hinter einer Wand aus Apathi verborgen: Heimweh, Angst, Stress, Aufregung, Unsicherheit, dumpfe Panik. Also eher negative Dinge, die mir die Reise dann doch erschwert haben. Nach etwa 16 Stunden Flugzeit kam ich dann in Tocumen, Panama an. Hier hatte ich von 5:00 Uhr bis 18:00 Uhr Umsteigezeit. Das war natürlich genug um nach Panama einzureisen um mir die Stadt ein wenig anzusehen. Ich traf hier einen anderen Deutschen, der hier arbeitete und teilte mir mit ihm ein Taxi in die Innenstadt. Hier hielt ich mich eine Weile auf und habe die unglaubliche Hitze genossen (Es war schwül und 30°C heiß. Genauso liebe ich es.)

Die Stadt hat eine faszinierende Skyline. Ich kam mir ein wenig so vor, wie in Manhattan, nur dass die Gebäude hier viel heruntergekommener sind. Es gab eine schöne Strandpromenade und eine alte Innenstadt, die man sich ansehen konnte.

panamapromenade

Nach einigen Stunden nahm ich mir dann ein anders Taxi und bat den Fahrer mich aus der Stadt zu bringen, weil es in Panama nämlich Dschungel gibt. Ich war noch nie im Dschungel gewesen und es war mein expliziter Wunsch das, was ich nur aus Filmen kannte jetzt mal live zu erleben.

Mir wurde zwar empfohlen andere Dinge dort zu machen, denn der Dschungel birgt auch einige Gefahren, aber ich hatte ja nicht vor total naiv zu sein. Aus diesem Grund fand ich mich kurze Zeit später auf einem matschigen Platz außerhalb der Stadt wieder und begann damit einen steilen Pfad hinauf in den Regenwald kraxeln.

Es war bedrückend stickig aber ich liebte es von Anfang an. Ich sah mir mit Begeisterung die wunderschöne Vegetation an. Pflanzen mit riesigen, tropfenden Blättern. Höhere und dickere Bäume als ich sie je gesehen habe und eine ganze Menge Lianen. Kurze Zeit später kam ein Vogel direkt auf mich zu und ich musste mich ducken. Und dann plötzlich stellte ich fest, dass es gar kein Vogel war, sondern ein blauer Schmetterling. Ich habe selten so ein schönes Tier in der freien Natur gesehen.

Zudem war es ohrenbetäubend laut um mich herum. Ich war schon nach zehn Minuten nass geschwitzt und meine Kleidung klebte wie ölige Leinwand an meinem Körper. Ich stieg den Pfad immer weiter nach oben und bin schon ganz schön aus der Puste gekommen. Zwischendurch erhaschte ich immer mal wieder Blicke auf die Wolkenkratzer der Stadt und das Meer dahinter.

panamaskyline2

Und dann sah ich auch schon die erste Riesenspinne in einem Netz sitzen. Ich habe mich furchtbar erschrocken, denn ich hatte das irgendwie nicht erwartet. Aber sie hatte sich ein riesiges Netz gespannt und saß seelenruhig in der Mitte um auf Nahrung zu lauern. Ich bin ganz vorsichtig am Netz vorbei gelaufen nur um kurze Zeit später in ein fast unsichtbares zweites Netz zu rennen. Ich bin total in Panik verfallen, weil ich totale Angst hatte, dass dieses fett Vieh irgendwie in meine Nähe kommt und bin fluchend den Pfad weiter nach oben gewetzt. Dann habe ich etwa zehn Minuten damit verbracht mich vom Spinnennetz wieder zu befreien, was jetzt überall an mir kleben blieb. Die Fäden sind viel stärker gewesen, als von den Mininetzen, die ich bisher gekannt hatte.

Nach etwa 90 Minuten erreichte ich ein kleines Plateau mit Wiese von dem aus ich über die Stadt blicken konnte.

Hier blieb ich eine Weile und frimelte immer noch an meinen Armen herum, wo immer noch ein paar Fäden klebten. Leider stellte ich in diesem Moment fest, dass ich nur noch einen halben Liter Wasser hatte und das bedeutete, dass ich mich schon wieder auf den Rückweg machen musste. Bei dem Flüssigkeitsverlust hätte ich mindestens zwei Liter gebraucht um noch weiter laufen zu können und ich ärgere mich jetzt in diesem Moment total, dass ich so dumm war und mir das nicht vorher überlegt hatte.

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Also habe ich den Rückweg angetreten, aber trotzdem noch mehr tolle Dinge entdeckt. Z.B. einen kleinen Tümpel mit hunderten von Schildkröten. Und Tiere, die wie riesige Meerschweinchen aussahen.

Als ich zurück bei dem matschigen Platz war lief ich zurück zur Hauptstraße und hielt ein Taxi an. Der Fahrer erzählte mir, dass es im Wald sogar Krokodile geben würde. Doch es fiel mir bei ihm sehr schwer das Spanisch zu verstehen. Er sagte z.B. „Pai“ statt „Pais“ oder „guda“ statt „gusta“. Der Dialekt war so fies, dass ich es nach 10 Minuten aufgab mit ihm zu reden, sondern immer nur „Sí, sí“ sagte. Das Bild habe ich aus dem Taxi gemacht. Man kann erkennen, dass die Scheibe Risse hat. Der Verkehr hier ist etwas turbolent und es ist normal, dass Autos sich ab und zu während der Fahrt „berühren“, wie ich es mal ausdrücken möchte. Auch von Katalysatoren hat man hier glaube ich noch nichts gehört.

taxifahrt

Ich bat den Fahrer dann darum mich nach Panama viejo zu fahren. Das ist eine Ruinenstadt, die man sich als Tourist angesehen haben sollte. Er fragte ob ich auch noch zum Flughafen müsste und ich bejahte das. Er machte mir dann das Angebot mich für 40$ nach Panama viejo zu fahren und eine Stunde später zurück zum Flughafen. Ich war einverstanden, doch das bereute ich später.

Denn bei der Ruinenstadt, wollte er die 40$ schon als Vorkasse und meinte ich könnte ihm vertrauen – er würde schon auf mich warten. Ich sagte ihm, dass ich ihm aber nicht vertrauen würde und dass er jetzt 15$ bekommen würde den Rest wenn ich beim Flughafen war. Er war nicht einverstanden und somit stritt ich mich eine Weile mit ihm. Schließlich war ich so sauer auf den Idioten, dass ich einfach ausgestiegen bin und meine 15$ auf den Wagenboden geschmissen habe. Er hat mir noch irgendwas hinterher gerufen, was ich glücklicherweise nicht verstanden habe. Aber er ließ mich gehen und ich brauchte eine Weile, bis ich den ersten echten Streit auf Spanisch verkraftet hatte.

panama viejo

Ich sah mir die Ruinenstadt an, doch hatte ich so schrecklichen Durst, dass das nicht viel Freude bereitete. Eine Stunde später suchte ich mir ein anderes Taxi, was mich viel günstiger nach Tocumen zurück brachte als der andere Trottel es getan hätte.

Ich unterhielt mich mit dem Fahrer über Deutschland, die Europaweltmeisterschaft (haha, guter Witz) und Berlin. Ihn verstand ich richtig gut und konnte sogar ein paar dumme Scherze machen. Zurück beim Flughafen war ich ziemlich müde und legte mich auf eine Sitzreihe im Sicherheitsbereich. Hier schlief ich ein.

Nach einem weiteren vierstündigen Flug erreichte ich gegen Mitternacht Guadalajara. Hier holte ich mir ein Studentenvisum über 180 Tage Aufenthalt und ließ mich dann zu meiner Wohnung fahren. Dort angekommen baute ich meinen Arbeitsplatz auf, was einfach nur perfekt so funktionierte, wie ich es zuvor geplant hatte.

Somit habe ich meinen Hinflug bereits mit einer Menge buntem Programm füllen können und auch wenn ich organisieren nicht sehr mag: Es hat doch alles perfekt gepasst. Ich bin in diesem Moment schon richtig überrascht, wie geil es einfach nur alles funktioniert hat und auch etwas stolz auf mich. 🙂

Der erste Tag in Guadalajara (GDL)

Heute Morgen bin ich dann um 8 Uhr aufgewacht und habe mir meine Wohnung mal genauer angesehen. Ich lebe hier mit zwei anderen Studenten und dem Vermieter, der aber gerade in seinen Flitterwochen ist. Und weil ich dann zu doof war herauszufinden, wie die Dusche warm wird musste ich kalt duschen. Aber das war okay, denn hier ist es sowieso warm genug. Nachdem ich alles so eingerichtet hatte, wie es mir gefiel habe ich die erste Stadterkundung gemacht. Ich bin zu einem Park gelaufen und über einen großen Flohmarkt.

marktplatz gdl

Ich war schon vom ersten Moment an begeistert und kann mir vorstellen hier zu leben. Die Temperatur ist sehr angenehm und die Stadt überraschend schön. Ich hatte mir alles grau, vertrocknet und eng vorgestellt. Doch gerade das Gegenteil ist der Fall: Es gibt unheimlich viele Grünanlagen und eine Menge Vegetation. Die Straßen sind sehr breit, nicht so dicht befahren und es ist in den kleineren Nebengassen sogar recht still.

gdl kreisel

Fast jede Straße ist zudem gesäumt von Zitronen -, Apfelsinen -, Avocado – oder Gummibäumen, was die Stadt unheimlich verschönert.

Die Menschen sind offen und sehr herzlich. Ich persönlich liebte es auf den ersten Blick. Doch auch hier war der Durst es mal wieder, der mich zurück trieb. Ich muss hier einfach lernen, dass das Leitungswasser nun mal ungenießbar ist und man nicht wie in Deutschland in jedem Restaurant mal eben was aus der Leitung trinken darf. Was die Sicherheit angeht, so ist GDL in zwei Hälften eingeteilt. Die eine Hälfte der Stadt ist sehr arm und etwas abgeschottet vom reicheren Teil. Ich lebe wie alle anderen Studenten im reicheren Teil, denn hier gibt es auch die verschiedenen Zentren der Uni, wie das CUSH oder CUCEI, wo ich studieren werde. CUCEI ist die Fakultät für Natur- und Ingenieurswissenschaften. Der ärmere Teil der Stadt ist gefährlich und sollte daher gemieden werden. Ich sehe aber auch gar keinen Grund dorthin zu gehen und er ist auch viele Meilen von meiner Wohnung entfernt. Ich bin also hier auch ziemlich sicher. Zumindest angeblich.

Später bin ich dann los gelaufen und habe mir einen Maestroautomaten gesucht. Hier konnte ich endlich Geld abheben. Es lohnt sich sofort beim ersten Mal gleich das Geld für zwei Monate zu besorgen, weil jede Buchung natürlich auch Geld kostet. Man kann zwar auch mit der Kreditkarte Geld abheben aber das ist noch teurer als mit der normalen Maestrokarte. Danach bin ich natürlich erst mal einkaufen gegangen.

Es gibt hier einen Walmart, der einfach genauso aussieht, wie die Walmarts, die ich auch in den USA des öfteren aufgesucht habe. Das Angebot ist sehr üppig und man kann quasi alles kaufen, was es auch sonst in der westlichen Welt so gibt. Ich habe erst einmal ein paar Kilo Haferflocken gekauft, denn die werden hier wie in Deutschland mein Grundnahrungsmittel. Zudem habe ich mir eine Handykarte besorgt, die ich problemlos in meinem Smartphone verwenden kann. Wenn man sein Handy mit ins Ausland nimmt so sollte man die Frequenzbänder beachten, die im jeweiligen Zielland verwendet werden. Daher funktionieren z.B. Dualbandhandys nicht in Mexiko. Aber schon bevor ich mein Smartphone in Deutschland kaufte, beachtete ich, dass das notwendige Band für Mexiko unterstützt wird. Ich telefoniere jetzt für einen halben Cent pro Minute, was doch wesentlich günstiger ist als in Deutschland. Übrigens ist GDL für Warpdriver ein wahres Paradies. Es gibt hier unglaublich viele WLANs ohne Netzwerkschlüssel. Ich habe schon fast darüber nachgedacht mir ein paar Pesos nebenher zu verdienen und einfach an jeder Tür zu klopfen und für 200 Pesos die WLANs in GDL auf WPA2/PSK umzustellen.

Später habe ich in meiner Wohnung gegessen und über Skype ein paar Leute in Deutschland angerufen. Ich habe bei Skype nur 25$ bezahlt und darf jetzt ein ganzes Jahr auf Deutsche Festnetze anrufen und ein paar Stunden davon dürfen auch für Mobiltelefone eingesetzt werden.

Heute Abend habe ich dann noch eine zweistündige Abendwanderung durch die Stadt gemacht und bin zum Dom von GDL gelaufen. Hier war eine Art Hochzeit und es wurde eine ganze Menge Feetz gemacht. Das war auch das erste Mal, dass ich mich hier etwas einsam gefühlt habe. Ich habe die vielen Familien, Pärchen, Freunde gesehen, die unbeschwert miteinander plaudern können und ich kann noch nicht mal richtig die Sprache. Ich habe mir mit einmal sehr jemanden gewünscht, der mit mir redet aber leider habe ich ja noch keine Leute kennen gelernt.
Naja, was soll ich auch sagen? Es ist mein erster Tag.

Jetzt jedenfalls sitze ich mit einer Flasche Wasser vor meinem PC und es wird draußen schon langsam dunkel. Hier in Mexiko gibt es nur zwei Jahreszeiten und selbst die sind recht ähnlich. Der Winter ist nicht kalt, wie in Deutschland sondern es sind trotzdem noch angenehme 25°C draußen. Im Sommer gibt es von Juni bis August die Regenzeit, wo es meistens nachts sehr starke Schauer gibt und es tagsüber bis zu 30°C warm ist. In Kansas war es im Vergleich anders. Die Winter waren schrecklich kalt (-40°C) und die Sommer schrecklich heiß (+45°C). Ich mag es lieber näher am Äquator in höherer Gegend, denn hier ist die Temperatur fast immer angenehm.

Ich werde jetzt vermutlich eine Serie gucken und mich darüber freuen, dass die Organisation bisher so gut geklappt hat und ich mich hier sogar schon ein kleines bisschen zu Hause fühlen kann. Morgen kommt dann gleich die nächste Herausforderung auf mich zu. Ich muss lernen, wie man hier richtig Bus fährt. 🙂

baum lianen