Ursprung des Seins

Die Entstehung des Bewusstseins (von 2008)

Hinweis: Dieser Artikel ist schon älter – ich war damals 18. Einige der genannten Theorien habe ich inzwischen etwas abgeändert. Die Grundlage stimmt aber noch immer.

Ursprung des Seins ist eine Geschichte in der es um die Entstehung der Menschheit geht. Komplett ohne Storyzusammenhang werden die logischen Gedankengänge als Ausschnitte hier vorgestellt. Fragmente der Geschichte können ignoriert werden. Es hat viel Zeit gekostet auf die hier vorgestellten Schlussfolgerungen zu kommen. Daher wird es ebenfalls Zeit kosten die Gedankengänge nachzuvollziehen.
Die komplette Story findet sich als PDF hier: Ursprung des Seins
Die vermittelten Ideen stammen nicht von mir, sondern entstanden durch meine Beschäftigung mit Kant und Schopenhauer.

  1.  Absolute Existenz
  2. Qualia
  3. Götter
  4. Persönlichkeit
  5. Wieso existieren wir?
  6. Wirklichkeit

Absolute Existenz

…»Gut«, sagte er, »ganz zu Anfang möchte ich Sie bitten ein kleines Gedankenexperiment mit mir zu machen. Stellen Sie sich bitte vor, alle Dinge würden auf einen Schlag verschwinden. Und damit meine ich nicht nur diese Welt, sondern auch alle anderen Welten, die es geben könnte. Alle Sterne, alle Planeten, aber auch ihre Zwischenräume und die Zeit selbst.« Bobby war sich nicht sicher, ob sie seiner Bitte folge leisten konnte. War es überhaupt möglich sich Nichts vorzustellen? Das Beste, was sie zustande brachte war, sich einfach eine schwarze Fläche vorzustellen. Sie nickte vorsichtig. Er räusperte sich und fuhr fort: »In Ordnung. Und jetzt eine Frage. Glauben Sie, dass es in einem solchen Zustand tatsächlich gar nichts mehr gäbe?« Bobby begriff die Frage nicht. Sie sah gedankenverloren aus dem Fenster, obwohl nur eine milchige Suppe zu erkennen war. Schließlich sagte sie: »Genau das war ja die Voraussetzung. Von daher würde ich sagen: Ja. In einem solchen Zustand gäbe es wirklich überhaupt nichts mehr.« Cunningham hatte scheinbar mit einer solchen Antwort gerechnet. »Der Punkt auf den ich hinaus will ist, dass eine Sache tatsächlich immer übrig bleiben würde. Und diese Sache nenne ich ab jetzt ‚absolute Konsistenz‘. Das klingt komplizierter als es ist. Ich meine damit einfach nur die Regel, die besagt, dass zwei sich widersprechende Aussagen unmöglich wahr sein können. Dieses Gesetz gilt sogar noch, wenn es ansonsten nichts mehr gibt. Und über genau dieses Gesetz möchte ich mit Ihnen als erstes sprechen.« Bobby war sich nicht ganz sicher, was Cunningham mit absoluter Konsistenz genau meinte. Doch bevor sie fragen konnte, folgte sofort seine Erklärung. »Alle logischen Gesetze verschwinden in dem Moment, wo wir von Raum und Zeit absehen. Zum Beispiel beschreibt der Modus ponens das Prinzip der Kausalität. Doch ohne Zeit gibt es keine Kausalität. In den ältesten Schriften Indiens wird die Zeit sogar genauso definiert. Sie verwandelt die Ursache in eine Wirkung. Ohne Zeit kann aber keine logische Schlussfolgerung gezogen werden, denn entweder tut dies eine Maschine in mehreren Taktzyklen oder ein menschliches Gehirn. Beide benötigen aber Zeit. Die absolute Konsistenz indes bleibt immer erhalten, egal wie viel sie wegnehmen. Sogar wenn sie Raum und Zeit entfernen. Somit kann es z.B. keine eckigen Kreise geben oder zwei sich widersprechende Aussagen können niemals gleichzeitig wahr sein. Und zwar unabhängig vom Bezugssystem.« Bobby erinnerte sich an eine Vorlesung, die sie einmal in der Universität besucht hatte. Damals hatte sie den Begriff »Modus ponens« auch schon einmal gehört, konnte sich aber nicht mehr genau daran erinnern worum es bei dieser Regel ging. Doch da fiel ihr plötzlich doch noch etwas ein, was sie damals gelernt hatte.
»Aber dieses Gesetz existiert doch erst seit es in der Antike formuliert wurde.« In diesem Moment kam eine Stewardess vorbei, die einen Wagen durch den engen Gang der Maschine navigierte. Cunningham bestellte zwei Kaffee und kurze Zeit später hatten sie zwei dampfende Becher vor sich. Schließlich antwortete er: »Die absolute Konsistenz wurden nicht in der Antike entwickelt, sondern in der Antike entdeckt. Elektrischen Strom hat es schließlich auch schon lange gegeben, bevor wir von seiner Existenz wussten.« Cunninghams Stimme war während er sprach immer lauter geworden. Die dicke Frau mit dem großen Busen vor ihnen warf ihnen einen mahnenden Blick zu. Bobby hob beschwichtigend die Hand und nippte vorsichtig an ihrem Pappbecher. Das heiße Getränk verbrannte ihr die Zunge und sie zuckte erschrocken zurück. »Verdammt! Ich hasse es, wenn meine Geschmacksnerven taub werden.« Es drehte sich noch ein weiterer Passagier zu ihnen um. Das war für sie das Zeichen, sich nun wirklich am Riemen zu reißen. Als sie antwortete, war ihre Stimme beinahe ein Flüstern. »Und woher meinen Sie kommt die absolute Konsistenz dann?« Sofort erkannte sie, wie zufrieden er mit ihrer Frage war. Er nippte jetzt auch an seinem Becher aber entweder war sein Getränk nicht so heiß oder er war einfach härter im Nehmen als sie. »Und genau hier liegt Ihr Denkfehler, Bobby. Die Frage woher sie kommt ergibt keinen Sinn. Denn ein Woher bedeutet schließlich, sie hätte einen Ursprung. Das ist aber nicht der Fall, weil sie aus sich selbst heraus existiert.« Bobby dachte nach und sagte: »Sie wollen mir also damit sagen, diese Regel hätte schon immer existiert.« Cunningham schüttelte den Kopf. »Fast. ‚Schon immer‘ beschreibt einen Zeitraum. Aber sie ist nicht an die Zeit gebunden. Es gibt sie einfach, vollkommen unabhängig von ihrem Kontext. Sie existieren aus sich selbst heraus und lässt sich auch nicht mehr in kleinere Einheiten zerlegen. Genau das ist der Punkt auf den ich hinaus will.« Erst jetzt begriff sie langsam, wieso Cunningham ihr die Frage mit dem Nichts gestellt hatte. Ein Zustand in dem es Nichts gab war von vornherein bereits ausgeschlossen. Und zwar aufgrund genau der absoluten Konsistenz, die es ohne jegliches Bezugssystem gab.
»Okay, es kann also nicht Nichts geben. Aber was genau hat diese Erkenntnis mit uns zu tun?« Cunningham stellte seinen Becher auf die kleine Kunststoffablage am Sitz seines Vordermannes und lehnte sich zurück. »Diese Erkenntnis zeigt uns einen Irrtum, dem viele Philosophen in der Vergangenheit auf den Leim gegangen sind. In der Philosophie wurde immer wieder behauptet, alle Dinge müssten einen Ursprung haben. Aber das ist einfach nicht wahr. Es gibt Dinge, die keinen Ursprung benötigen um zu existieren. Und das ist der Grund, warum es uns heute überhaupt geben kann. Wenn tatsächlich alles auf einen Ursprung angewiesen wäre, so könnte es tatsächlich nichts geben, denn jeder Ursprung benötigt schließlich wieder einen Ursprung. Und diesen Regress können Sie so lange fortsetzen, wie Sie möchten. Aufgelöst wird das Ganze schließlich durch die Erkenntnis, die ich Ihnen gerade mitgeteilt habe. Nämlich dass es Dinge gibt, die aus sich selbst heraus ohne Ursprung existieren. Dieser Denkfehler ist vermutlich deswegen so verbreitet, weil die Menschen nicht verstanden haben was Zeit ist. Denn nur durch die Zeit, kamen wir auf die Idee von Kausalität. Wir wissen aber seit Anfang des 20. Jahrhunderts, dass Zeit auch noch nicht immer dagewesen ist. Zeit ist nichts Absolutes. Im Gegensatz zur absoluten Konsistenz existiert Zeit nicht aus sich selbst heraus.«
Sie verstand zwar, was Cunningham ihr erklären wollte, doch aus irgendwelchen Gründen fand sie seine Erkenntnis längst nicht so interessant wie er selbst.
»Aber was genau ist so wichtig daran? Ich stimme Ihnen zu, aber wo liegt hier die Besonderheit?« Sofort bemerkte sie Cunninghams Enttäuschung über ihre Frage. Er sah sie wie ein Lehrer an, dessen Schülerin ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatte. »Bobby, die Tatsache, dass es Dinge geben kann, die keinen Ursprung benötigen, löst doch ein grundlegendes Problem unser aller Existenz. Was ist, wenn ich Ihnen zum Beispiel sage, dass es neben der Logik noch eine zweite Sache gibt, die ebenfalls aus sich selbst heraus existiert und auch keinen Ursprung benötigt?« Sie hielt inne. Plötzlich erinnerte sie sich an das anstrengende Gespräch, was sie erst wenige Tage zuvor in der Wüste geführt hatten. Er hatte ihr erklärt das menschliche Bewusstsein sei nicht allein auf logische Gesetze zurückzuführen. Es sei zum Beispiel nicht möglich einen Computer zu entwickeln, der tatsächlich etwas wie Gefühle erleben konnte. Und das unabhängig von seiner Komplexität. Das menschliche Bewusstsein konnte also nicht allein auf den Gesetzen der Logik basieren, sondern es musste noch etwas anderes neben ihnen geben. Dieses andere musste genau wie die Logik auch aus sich selbst heraus existieren, denn sonst würde es nicht existieren. »Okay, die absolute Konsistenz existiert also aus sich selbst heraus. Doch die logischen Gesetze, die aus ihr folgen reichen aufgrund des Qualiaproblemes nicht aus um ein Bewusstsein zu konstruieren. Sie wollen mir aber nicht gerade erzählen, das deswegen auch das Bewusstsein aus sich selbst existieren muss?« Als Cunningham nickte, lief Bobby ein kalter Schauder über den Rücken. Ein fast spirituelles Gefühl durchflutete sie. Es kribbelte in ihren Fingerspitzen und als sie jetzt aus dem Fenster auf eine makellose Wolkendecke hinabblickte, durchflutete sie ein unbeschreiblichen Gefühl von Ehrfurcht. Es war ein Gefühl, was sie zum letzten Mal als Kind in einer Kirche empfunden hatte. Damals hatte sie einem alten Pfarrer ihre belanglosen Sünden gebeichtet und noch keine so materialistischen Ansichten vertreten. Der Flug dauerte noch weitere zehn Stunden, doch Bobby konnte nicht schlafen. Immer wieder versuchte sie seine Idee zu widerlegen. Doch egal wie oft sie darüber nachdachte, gelang es ihr nicht. Die Erkenntnis des heutigen Tages, sollte nicht die Letzte gewesen sein. Und sie erfüllte sie mit einem größeren Forschungsgeist, als es das Cheopsprojekt je hätte tun können…

Unser Bewusstsein – Qualia

… Vermutlich wurde es vor etwa zwölftausend Jahren konstruiert und zwar in der Gegend um Mesopotamien. Dort ist kurze Zeit später auch der erste Mensch geschaffen worden.« Cunningham hielt kurz inne und spähte mit zusammengekniffenen Augen auf die flimmernden Klippen am Horizont. Er wollte gerade weitersprechen, als Bobby ihn unterbrach. »Ich hoffe Sie machen Witze. Den ersten Menschen hat es schon vor über einer Millionen Jahren gegeben. Die Wiege der Menschheit liegt schließlich irgendwo in Südafrika.«
Cunningham runzelte die Stirn. »Sie haben mich nicht ausreden lassen. Die Spezies ‚Homo sapiens‘ hat es natürlich schon lange zuvor gegeben. Aber den ‚bewussten Menschen‘, wie wir ihn heute kennen gibt es erst seit kurzer Zeit. Ich will Ihnen erklären wieso ich das glaube. Es hat schon immer Dinge auf dieser Welt gegeben, die mit den Gesetzen der natürlichen Auslese nicht erklärt werden können. Obwohl wir natürlich mit der Selektion schon eine ganze Menge erklären können. Dass komplexe Information nicht aus dem Nichts entstehen kann ist eine Lüge, der man noch bis heute Glauben schenkt. Trotzdem gibt es Dinge, die durch die Evolution nicht erklärt werden können. Ein sehr gutes Beispiel für eine solche Sache ist das Bewusstsein.«
Bobby verstand nicht was Cunningham ihr erklären wollte. Sie dachte kurz nach und sagte: »Aber mein Bewusstsein basiert doch auf biochemischen Prozessen in meinem Gehirn. Auch das kann durch Selektion entstanden sein.« Er lächelte.
»Was ich meine ist nicht sofort einleuchtend, weil unser Bewusstsein uns viel zu nah steht um es gut analysieren zu können. Es ist nahezu unmöglich etwas zu untersuchen, wenn das Untersuchte und das Untersuchende gleich sind. Daher ist es auch unmöglich zu erkennen, wer man selbst ist. Denn egal was man von sich selbst betrachtet, so liegt es immer außerhalb. Sie können Ihren Körper betrachten, doch Sie sind nicht ihr Körper. Sie können Ihr eigenes Gehirn analysieren, doch weil sie auch das nur von außen betrachten, so sind Sie nicht ihr Gehirn. Sie können immer mehr aus sich selbst herausnehmen, doch die einzige Erkenntnis ist die, dass sie das Herausgenommene selbst nicht sind. Ergo: Es ist unmöglich auf etwas zu stoßen, was man ist. Aber ich versuche es einmal so zu erklären: Im Moment spüren Sie Hitze auf Ihrer Haut. Dabei geschehen eine Menge Dinge in Ihrem Kopf, von denen wir nichts verstehen. Es laufen neuronale Prozesse ab und sie reagieren auf eine bestimmte Art und Weise. Aber das ist noch nicht alles. Sie erleben die Hitze auch bewusst. Dieses bewusste Erleben kann aber nicht in Ihrem Kopf stattfinden.«
»Wieso denn nicht? Es ist schließlich auch sehr kompliziert.«
»Nun, es ist keine Frage der Komplexität. Stellen Sie sich zum Beispiel einen Computer vor. Computer funktionieren letztendlich nur dadurch, indem elektrische Signale durch winzige Leiterbahnen geschickt werden. Niemand würde je auf die Idee kommen, ein Computer könnte jemals etwas fühlen, denn auf unterster Ebene besteht er nur aus elektrischem Strom. Stellen Sie sich nun vor wir würden einen Computer entwickeln, der über die Fähigkeit verfüge das menschliche Gehirn zu hundert Prozent zu simulieren. Glauben Sie wirklich, dieser Computer würde sich auf eine bestimmte Weise fühlen können? Hätte er ein Bewusstsein?« Bobby war sich nicht ganz sicher, ob sie sein Argument verstanden hatte. Sie brauchte etwas Zeit darüber nachzudenken und somit liefen sie eine ganze Weile schweigend nebeneinander her. Nach einer Weile fragte sie: »Sie wollen mir damit also sagen, unser Bewusstsein basiere nicht auf unserem materiellen Gehirn, sondern auf einer immateriellen Wirklichkeit?«
»So ist es. Aber natürlich gibt es noch eine Menge anderer Hinweise. Wenn Sie beispielsweise einem Plattwurm den Kopf entfernen, wächst er gemeinsam mit dem Gehirn wieder nach. Und zwar mit allen Erfahrungen und Erinnerungen. Und auch der Neurowissenschaftler Wilder Penfield hat im letzten Jahrhundert viele Experimente durchgeführt, die diese Theorie stützen. Er fand beispielsweise genau die Zentren im motorischen Kortex, die für den Bewegungsapparat des Menschen zuständig sind. Stimulierte er einen solchen Bereich, bewegte sich der Mensch an der entsprechenden Stelle. Doch wenn der Mensch sich bewusst dazu entschloss, die entgegengesetzte Bewegung auszuführen, war Penfields Stimulierung wirkungslos. Er konnte also den Teil des Gehirnes finden, der den Befehl ausführte, doch der Befehlsgeber war unauffindbar. Er kam schließlich zu dem Ergebnis, unser Bewusstsein läge gar nicht im Gehirn, sondern außerhalb unseres Körpers. Ein weiterer Hinweis ist unser Neokortex, der angeblich für unser bewusstes Erleben zuständig ist. Es gibt jedoch Menschen, die unter Laborbedingungen den Beweis erbrachten, dass sie auch komplett ohne den Neokortex bewusst sein können. Manche Menschen erlebten Nahtoderfahrungen in Laboren. Der Neokortex war zu dieser Zeit aber komplett außer Betrieb. Ebenfalls konnten Mönche während ihrer Meditation das Bewusstsein unter Laborbedingungen ausschalten und trotzdem noch alles mitbekommen.« Bobby dachte nach. Sie hatte sich diese Frage noch nie gestellt und weil die Sonne inzwischen schon sehr hoch am Himmel stand, entschloss sie sich darüber später noch einmal genauer nachzudenken. Trotzdem hatte sie den Eindruck als sei der Professor vom eigentlichen Thema ziemlich weit abgekommen. Sie rieb sich die Augen und fragte: »Aber was genau hat das alles jetzt mit der Pyramide zu tun?« Cunningham rieb sich verärgert die Augen. Der Sand war wirklich allgegenwärtig. »Ich wollte Ihnen mit diesem Beispiel nur erklären, dass das bewusste Erleben ein ernsthaftes Problem für den Materialisten darstellt. Allein mit den Gesetzen dieser Welt lässt es sich nämlich nicht erklären. Es ist phänomenal. Schon seit einigen hundert Jahren ist dieses Problem schon unter dem Namen Qualiaproblem bekannt. Unsere Realität lässt zwar fast unbegrenzt komplexe Strukturen zu, aber das ist nicht der springende Punkt. Der Punkt ist der, dass es unmöglich ist einen Schritt zu finden in dem wir von der unbewussten zur bewussten Ebene wechselten. Und das kommt daher, weil die bewusste Ebene eben nicht Teil der Materie ist, sondern der Materie als Ursprung zugrunde liegt. Sie können sich Ihr Gehirn also wie einen Radioempfänger vorstellen, der dieses zugrunde liegende Bewusstsein empfängt. Wenn wir gesund und munter sind funktioniert dieser Empfänger gut und wir haben uneingeschränkten Zugriff auf unsere Gedanken. Doch sobald wir zum Beispiel betäubt werden, wird dieser Empfänger außer Kraft gesetzt und der kognitive Teil unseres Gehirnes hat für einige Stunden keinen Zugriff mehr auf unser Erleben. Unser Bewusstsein ist also eine Art Verbindung zwischen der materiellen Welt und einer zweiten Wirklichkeit. Es lässt sich mit den Gesetzen der Logik nicht erklären.« Bobby war mit dieser Erklärung nicht ganz einverstanden. Sie warf einen ängstlichen Blick auf die hohen Felsen, die sie noch von dem Jeep trennten. Sie verlor auch langsam die Lust an der Diskussion und wünschte sich nur noch eine Aspirintablette, gefolgt von mehren Stunden Schlaf in ihrem Hotelzimmer. »Aber wer entscheidet denn darüber welche Phänomene dieser Welt mit Logik zu erklären sind? Früher haben die Menschen auch geglaubt, dass Blitz und Donner übernatürliche Phänomene wären. Sie konnten sich darauf keinen Reim machen, bis zu dem Zeitpunkt an dem die Elektrizität entdeckt wurde. Mit dem Bewusstsein könnte es dasselbe sein.«
Cunningham atmete tief durch. Er kannte diese Argumentation scheinbar bereits. »Leider ist meine Theorie nicht beweisbar, denn die beinhaltet die Nichtbeweisbarkeit in sich selbst. Denn ein Beweis erfolgt immer durch logische Schlussfolgerungen. Weil ich aber glaube, dass unser Bewusstsein nicht auf logischen Gesetzen basiert, gäbe es folglich auch keinen Beweis. Es wäre höchstens möglich meine Theorie zu widerlegen, indem man mit Logik das Gegenteil beweist. Doch das wird nicht gelingen, weil ich heute schon den Beweis für meine Theorie gefunden habe.« Trotz der schrecklichen Hitze schien Cunningham jetzt erst richtig in Fahrt gekommen zu sein und reckte stolz die Brust. Bobby allerdings wurde dieses Thema für den Moment etwas zu anstrengend. Das lag eventuell auch daran, weil er sie mit jedem Satz stärker an ihren Bruder erinnerte. Tony war ebenfalls oft fest von einer bestimmten Sache überzeugt gewesen. Es war bei solchen Menschen egal, welche Gegenargumente man vorbrachte. Man konnte nur verlieren, weil sie einem immer einen Schritt voraus waren. Auf der anderen Seite war Bobby erst vor wenigen Stunden Zeugin eines ausgesprochen merkwürdigen Ereignisses geworden. Irgendwie hatte Cunningham etwas, wie eine Explosion ausgelöst, die zwei Soldaten getötet hatte. Es kam ihr fast so vor als sei das alles nur ein verrückter Traum. Noch vor einer Woche war ihr Leben vollkommen in Ordnung gewesen. Sie hatte drei Jahre Archäologie studiert und arbeitete jetzt bereits seit über vier Jahren bei der Agency. In dieser Zeit hatte sie in zahlreichen Projekten mitgearbeitet und eine Menge Dinge gelernt, die ihre materialistische Einstellung untermauerten. Nur als Kind hatte sie an eine zweite Wirklichkeit geglaubt. Ihre Eltern waren Vertreter eines strengen römisch-katholischen Glaubens und wussten, genau wie Cunningham, auf jede Frage eine Antwort. Doch es war ihr später nicht mehr gelungen diese Wirklichkeit mit ihren Eltern zu teilen. Zu tief waren die Abgründe zwischen einem religiösen und einem wissenschaftlichen Paradigma. Da draußen gab es nicht mehr. Oder etwa doch? Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich den Sand aus den Augen. Verdammte Wüste. Wieso konnten die wichtigen Dinge nicht an schöneren Orten vergraben sein?
»Ist alles in Ordnung?« Cunningham blieb stehen und musterte sie besorgt. Doch sie setzte eine unbekümmerte Miene auf und schob ihre Brille zurecht. »Es geht mir gut. Meine Brille verrutscht nur immer wenn ich schwitze und das Gesprächsthema hat mich ein wenig angestrengt. Vielleicht können wir ja mal für ein paar Minuten einfach nur laufen.« Cunningham wirkte etwas enttäuscht, doch dann nickte er und sie wanderten den Rest der Strecke schweigend nebeneinander her…

Elementarteilchen

…Doch sie wusste gleichzeitig, wie hartnäckig Cunningham sein konnte. Aus diesem Grund nickte sie und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er ihr erzählte. Doch bevor er zu Reden begann, zog er neben seinem Sitz die zweite Tüte Kekse hervor. Er reichte sie ihr herüber. Dann sagte er: »Ich habe Ihnen auf unserer Wanderung durch die Sahara schon von Dingen erzählt, die aus sich selbst heraus ohne Ursache existieren. Ein einfaches Beispiel für diese Dinge ist die absolute Konsistenz. Doch dabei bleibt es nicht, denn sie allein kann nicht die Grundlage für unsere Existenz sein. Aus diesem Grund muss es noch weitere Elementarteilchen geben, die unsere heutige Existenz begründen. Mit Elementarteilchen meine ich die Dinge, die sich nicht mehr in weitere Teile zerlegen lassen, also keine Ursache zum Existieren brauchen. Unsere Welt geht aus allen diesen Elementarteilchen hervor, was ich in meinen Vorlesungen immer als Emanation bezeichnet habe. Merken Sie sich diesen Begriff. Am Anfang unseres Fluges habe ich Ihnen dann weiterhin von meiner Theorie erzählt, die das Bewusstsein ebenfalls als Elementarteilchen einstuft. Doch meine Theorie ist nicht neu. Schon der Philosoph Platon spricht in seinen ontologischen Schriften von einer Sache, die aus sich selbst heraus existiert und alle anderen Dinge hervorbringen muss. Nach seiner Vorstellung ist die Welt aus winzigen Flächen zusammengesetzt, die gemeinsam die sogenannten platonischen Körper bilden. Das sind Körper, die sich aus gleichseitigen Formen zusammensetzen. Also zum Beispiel Tetraeder, Hexaeder, Oktaeder und so weiter. Die Flächen selbst sind, und das ist unschätzbar wichtig, selbst aber keine Materie. Ihm entgegen stand die andere griechische Vorstellung, die Welt sei aus winzigen Teilchen zusammengesetzt, den Atomen, die selbst nicht mehr teilbar sind. Aber erst im letzten Jahrhundert hat man festgestellt, dass Platon mit seiner Vorstellung der Wirklichkeit wesentlich näher kommt. Die kleinsten Teilchen der Materie sind nämlich tatsächlich keine Materie mehr, sondern bestehen aus Nichts. Sie tauchen aus dem Vakuum spontan, aber mit gewisser Wahrscheinlichkeit, auf und verschwinden sofort wieder. Es ist bei diesen kleinsten Teilchen auch nicht mehr möglich ihre Position zu bestimmen, weil sie keine Position mehr haben. Wir sind aus unserer Umwelt eigentlich gewohnt, genaue Ortsangaben über Objekte machen zu können. Doch je tieferen Einblick man in den Mikrokosmos der Materie bekommt, desto weniger ist das möglich. Die kleinsten Teilchen haben weder eine Position, noch ist es möglich deterministische Aussagen zu machen. Erst in dem Moment, wo ein Physiker mit Hilfe eines speziellen Gerätes die genaue Position eines Teilchens misst, ‚kollabiert‘ die mathematische Gleichung, die seine Position bestimmen soll, und das Teilchen bekommt einen Aufenthaltsort. Das geschieht aber nur, weil der Physiker eine Messung durchgeführt hat. Ohne die Messung, wäre die Position des Teilchens nicht nur unbekannt, sondern, und das ist sehr wichtig, es hat überhaupt keine Position. Ich will damit sagen, dass Materie sich erst zu dem formt, was sie ist, sobald wir sie messen oder betrachten. Albert Einstein hat diese Erkenntnis in seinen jüngeren Jahren noch nicht akzeptieren wollen. Er hat spöttisch gefragt: ‚Existiert der Mond auch, wenn wir nicht hinsehen?‘ Doch schließlich ist Werner Heisenberg der Durchbruch gelungen und er konnte seine Theorie beweisen. Und nicht nur seine eigene Theorie, sondern in gewisser Weise auch die uralte Theorie von Platon. Sowohl Heisenberg als auch zuvor Max Planck haben irgendwann zugegeben, dass der Materie ein geheimnisvoller Geist zugrunde liegt. Doch natürlich hat keiner von ihnen genauere Aussagen über diesen Geist gemacht. In der Pyramide haben wir allerdings eine ganze Menge Informationen über ihn finden können und ich werde gleich mehr dazu erklären. Trotzdem möchte ich vorher noch klar stellen, dass ich Platon in einem Punkt widerspreche: Ich glaube nicht an nur ein einziges Elementarteilchen, sondern an zwei. Ich habe nie verstehen können, aus welchen Gründen Platon immer nur von ‚dem Einen‚ sprach. Schon immer war mir diese Sicht viel zu monistisch. Wenn das Bewusstsein also nicht durch eine logische Struktur erklärt werden kann, so muss es selbst Elementarteilchen sein. Und die moderne Physik weist ebenfalls auf diesen Umstand hin.«
Bobby hob die Hand und er verstummte. »Wie kommen Sie denn darauf? Es könnte doch einfach noch mehr Elementarteilchen geben, die wir noch nicht kennen. Und auf diesen basiert unser Bewusstsein.« »Okay, gehen wir mal einen kurzen Moment davon aus, dass Sie richtig liegen. Angenommen unser Bewusstsein ist wiederum aus kleineren Einheiten zusammengesetzt. Diese Einheiten sind uns unbekannt. Aber es wäre natürlich ein Bewusstsein notwendig um sie in die richtige Ordnung zu bringen. Die absolute Konsistenz dürfen wir an dieser Stelle nicht mehr verwenden, weil sie schließlich selbst elementar ist und ich das ausgeschlossen habe. Wir hätten es also eine Ebene tiefer wieder mit einem Bewusstsein zu tun. Dieses Bewusstsein wäre erneut entweder elementar oder aus noch kleineren Elementarteilchen zusammengesetzt. Sie können diesen Gedanken so lange regressiv weiterführen wie sie möchten. Doch auf der untersten Ebene findet sich immer wieder ein Bewusstsein. Wir können diesen Fall also ausschließen. Ihre Theorie mag also auf den ersten Blick schlüssig erscheinen, führt uns aber ohne die Logik als Ursache des Geistes, letztendlich im Kreis wieder genau an den Punkt zurück, wo sie begonnen hat.« Bobby musste zugeben, dass Cunningham recht hatte. Wenn die logischen Gesetze tatsächlich nicht ausreichten ein Bewusstsein zu erzeugen, so führte dies unweigerlich zu der Existenz einer Art Urbewusstseins, dass allen anderen Bewusstseinen zugrunde lag. Sie warf die noch geschlossenen Packung Kekse auf die Rückbank und hörte weiter zu. »Es gibt natürlich noch weitere Gründe, wieso ich an meine eigene Theorie glaube. Einer besteht darin, dass meine Theorie nicht nur das Qualiaproblem löst, sondern auch die Existenz der Materie erklärt. Ich habe das Thema ja gerade schon einmal kurz angeschnitten. Natürlich besteht auch die Materie nicht einfach so aus sich selbst heraus, sondern muss ebenfalls durch Emanation aus den Elementarteilchen hervorgehen. Bis zur Stufe der Quarks konnten die Physiker das sogar beweisen. Doch ich will mich hier nicht allein auf die Materie begrenzen, denn natürlich gibt es auch noch den Raum und die Zeit. Materialisten glauben allein an die Existenz dieser drei Einheiten. Ich vermute hingegen, dass auch diese Dinge auf den beiden Elementarteilchen absolute Konsistenz und Bewusstsein basieren. Warum glaube ich das? Ich möchte Ihnen dazu eine Frage stellen. Wenn Sie für den Begriff ‚Bewusstsein‘ ein anderes Wort suchen müssten, welches Wort wäre das?« Bobby hatte nicht mit dieser Frage gerechnet. »Tut mir leid, aber ich bin so früh am Morgen einfach noch nicht geeignet für solche Denksportaufgaben. Erst recht nicht für solche, die mit meinem Leben nicht im entferntesten etwas zu tun haben.«
Er wirkte sichtlich enttäuscht. Doch gab er sich damit zufrieden, dass Bobby ihm überhaupt zuhörte und antwortete: »Angenommen ich habe mit meiner Theorie recht, so wird das auf jeden Fall Auswirkungen auf Ihren Alltag haben. Es könnte Ihre Sicht auf den Sinn des Lebens revolutionieren und Ihnen im Endeffekt sogar Auskunft darüber geben, ob wir nach dem Tod weiterleben. Sollte ich richtig liegen, könnten Sie sogar Ihren Bruder wiedersehen.« Sie zuckte zusammen. Sie hatte Tony in den letzten fünf Minuten komplett vergessen, doch als Cunningham ihn erwähnte begann ihr Herz zu schlagen und das flaue Gefühl in ihrer Brust kehrte augenblicklich zurück. Er hatte scheinbar genau das erreichen wollten. »Haben Sie wirklich keine Idee, welche Eigenschaft man unserem Bewusstsein in erster Linie zuschreiben würde?« Sie starrte eine Zeitlang wie hypnotisiert auf den blassen Mittelstreifen des Highways und dachte über die Frage nach. Schließlich hatte sie eine zufriedenstellende Antwort gefunden und sagte: »Denken. Unser Bewusstsein denkt die ganze Zeit.« Cunningham war sichtlich zufrieden. »Sehr gut. Sie haben es erkannt. In den Zeiten in denen wir Zugriff auf den Teil unseres Gehirnes haben, der uns Zugang zu unserem Bewusstsein gewährt, denken wir buchstäblich ununterbrochen. Das sind entweder kognitive Gedanken oder Gefühle, die ich der Einfachheit halber auch den Gedanken unterordne. Wir können also nicht anders, als zu denken. Und das liegt daran, weil es eben gerade in der Natur des Bewusstseins liegt.
Wenn ich Ihnen jetzt eine Geschichte von einem rosa Elefanten erzählen würde, entstünde in ihrem Kopf sofort ein entsprechendes Bild. Und das sogar gegen Ihren eigenen Willen. Und das kommt daher, weil jedes Bewusstsein am laufenden Band Gedanken produziert. Genau diesem Gesetz ist aber natürlich auch das Urbewusstsein unterworfen. Was halten Sie jetzt von der Idee, dass unser Universum nichts weiter ist, als die Gedanken eines allumfassenden Urbewusstseins? Dieser Geist erhält allein durch seine Gedanken jedes Teilchen, jedes Lebewesen und letztendlich jedes Bewusstsein in seiner Existenz. Und das ist noch nicht einmal verwunderlich, weil es schließlich gerade in der Natur eines Bewusstseins liegt sich Dinge vorzustellen. Der Satz: ‚Ein Bewusstsein denkt‘ ist im Prinzip genauso redundant, wie ‚Eis ist gefroren‘. Sie erinnern sich mit Sicherheit noch an die Innenräume der Pyramide und die Inschrift der Kammer, wo wir es gefunden haben. Fast alles, was ich Ihnen bisher erklärt habe, habe ich mir natürlich nicht selbst ausgedacht. Vielmehr stand es in Form einer Geschichte an den Wänden der Pyramide. Es gibt hier einen komplexen Schöpfungsbericht dieser Welt und allem, was in ihr lebt.« Er wollte gerade beginnen ihr von genau diesem Schöpfungsbericht zu erzählen, doch glücklicherweise tauchte genau in diesem Moment auf der rechten Seite der rote Wasserturm auf. Es war inzwischen schon heller geworden und aus dem üppigen Unterholz des Waldes stieg ein dichter Schleier aus Nebel in die Baumkronen hinauf. Es würde nicht mehr lange bis zum Sonnenaufgang dauern. Cunningham verstummte und nahm den Fuß vom Gas. Schon wenige Augenblicke später verdichtete sich der Wald zu ihrer rechten Seite und ein verrostetes Schild kündigte die alte Umgehungsstraße an. Bobby hatte selten ein stärkeres Déjà-vu-Erlebnis gehabt. Vor ihrem inneren Auge tauchten Bilder aus einer längst vergangenen Zeit auf. aus…

Götter

Kommentare zum „Virya“ sind nur storyrelevant und können ignoriert werden

… Bobby seufzte. Sonderliche Lust hatte sie zwar nicht sich in diesem Zustand auf seine verrückte Geschichte einzulassen, doch natürlich hatte sie keine andere Wahl. Sie schloss die Augen und murmelte: »Ich höre. Wecken Sie mich, wenn Sie fertig sind.« Er ignorierte ihren sarkastischen Kommentar und räusperte sich. »Okay, ich habe Ihnen ja bereits von den beiden Elementarteilchen Urbewusstsein und absoluter Konsistenz erzählt, die allem Sein zugrunde liegen. Bevor ich hier weitermache, möchte ich Sie aber auf eine Tatsache aus Ihrem eigenen Fachgebiet aufmerksam machen. Vermutlich ist auch Ihnen inzwischen das hohe Alter bestimmter ägyptischer Gebäude bekannt ist. Entgegen der vorherrschenden, und vom Islam verfälschten Meinung, schätzen wir beispielsweise das Alter der großen Sphinx oder der Pyramiden von Giseh auf weit über zehntausend Jahre ein obwohl der wissenschaftliche Konsens ein Alter von nur dreitausend Jahren vermutet. Das liegt in diesem Fall daran, weil die meisten Ägyptologen Muslime sind und die haben natürlich keine andere Wahl als ihren eigenen heiligen Schriften zu glauben, die das Alter der Menschheit auf 6000 Jahre beschränken. Besonders im letzten Jahrhundert wurden aber eine Vielzahl an Hinweisen gefunden, die dem Schulbuchwissen widersprechen. Die große Sphinx beispielsweise weist starke Erosionsspuren durch Wasser auf, die auf einen starken Niederschlag über viele hundert Jahre hinweisen. Diesen Niederschlag kann es aber in den letzten 3000 Jahren nicht gegeben haben, denn in der Wüste regnet es schließlich nicht. Die Sphinx muss also in einer Zeit errichtet worden sein, in der es in Giseh noch gar keine Wüste gegeben hat. Ein weiterer Hinweis ist die Ausrichtung auf das Sternbild des Löwen. Monumentale Bauten der Vorzeit wurden fast ausschließlich am Firmament ausgerichtet und es wäre doch sehr merkwürdig, wenn das für die große Sphinx nicht gelten würde. Wenn wir aber unseren Sternenhimmel in die Zeit vor über zehntausend Jahren betrachten, so steht das Sternbild des Löwen genau im richtigen Winkel. Die gesamte Anlage von Giseh ist also wesentlich älter als wir bisher angenommen haben. Den endgültigen Beweis für diese Tatsache habe ich jedoch erst vor Kurzem gefunden, denn die Pyramide des Virya ist im Gegensatz zur Anlage in Giseh voll von Informationen. Ich bin auf Ihren Fotos auch auf eine Sternkarte gestoßen, die eine genaue Auskunft über das Alter der Hochkultur angibt, die für den Bau verantwortlich war. Es waren nämlich gar nicht die alten Ägypter, sondern ihre Vorfahren, die allerdings einen starken Einfluss auf das alte Ägypten hatten. Diese Hochkultur war zu technischen Meisterleistungen fähig, die durchaus mit der heutigen Technologie mithalten können. Und sie haben auch auf andere Kontinenten ihre Spuren hinterlassen, worauf zahlreiche Funde hinweisen. Zum Beispiel wurden auch auf dem amerikanischen Kontinent Relikte gefunden, die denen aus Nordafrika unglaublich ähnlich sehen. Doch nicht die alten Ägypter besiedelten den amerikanischen Kontinent, sondern das alte Viryavolk. Und genau dieses Volk hat auf Anweisung des Urbewusstseins die Pyramide des Virya gebaut und war anschließend das erste Mal selbst bewusst, also mit Quale ausgestattet. An dieser Stelle kann ich Ihnen auch das erste Mal erklären, was das Virya genau ist. Sie dürfen sich unser eigenes Bewusstsein nämlich nicht als individuelles Gebilde vorstellen, sondern vielmehr als einen Teil des Urbewusstseins, der jedoch an einen materiellen Körper gebunden ist. Und weil jeder Mensch ein kleiner Teil dieses Bewusstseins ist, kann auch jeder seine Gedanken, also auch die Materie, beeinflussen. Und unsere Materie ist nichts anderes, als Gedanken. Daher hat auch jeder telekinetische Fähigkeiten. Schauen Sie sich zum Beispiel Ihren Körper an. Sie können ihn mit der Kraft Ihres Bewusstseins bewegen. Uns kommt das zwar inzwischen selbstverständlich vor, aber wenn Sie mal darüber nachdenken, so ist schon diese Tatsache selbst phänomenal. Aber natürlich ist es prinzipiell ebenfalls möglich, dass ein Mensch mit seinem Willen auch die anderen Gedanken des Urbewusstseins beeinflusst. Der Wille muss hierfür natürlich sehr stark sein und das klappt normalerweise nur nach jahrzehntelanger Übung oder in extremen Situationen. Es entsteht an dieser Stelle aber ein logisches Problem, was Ihnen vermutlich nicht sofort einleuchtet. Und dieses Problem ist der Energieerhaltungssatz. Der menschliche Körper benötigt für seinen Bewegungsapparat natürlich Energie. Diese Energie wird in Form von Kolorieren aus der Nahrung gezogen. Doch woher kommt die Energie, wenn ein Mensch mit seinem Willen auch fremde Materie beeinflussen möchte? An dieser Stelle ist das Virya der Energielieferant. Und es bezieht seine Energie aus der Materie selbst. Denn Materie ist physikalisch gesehen nur sehr stark komprimierte Energie. Schon Albert Einstein drückte dieses Verhältnis in seiner berühmten Formel aus, doch auch dem Konstrukteur der Pyramide des Virya war es bekannt. An dem Tag an dem der Schöpfer also die Entscheidung traf, sein Bewusstsein mit uns zu teilen, musste er uns einen Teil dieses Bewusstseins geben. Er gab uns damit aber Macht über sich selbst, sodass wir plötzlich seine Gedanken, also unsere Umwelt, mitbestimmen durften. Doch die absolute Konsistenz zwang ihn dazu das Virya vorher von einem der nicht-bewussten Menschen konstruieren zu lassen, denn Bewusstsein in Materie muss natürlich mit dem Energieerhaltungssatz in Einklang gebracht werden. Und der Energieerhaltungssatz ist ein Naturgesetz, was ursprünglich auf der absoluten Konsistenz beruht. Aber natürlich erkannte auch er recht schnell die Gefahr, die vom Virya ausging. Er ließ auf Anweisung des Urbewusstseins, eine kleine Pyramide aus dicken Granitsteinblöcken konstruieren, in der er es mit dieser Wahrheit verbarg. Die Pyramide wurde auf seine Anweisung unter vielen Tonnen Sand begraben und kam erst Jahrtausende später wieder zum Vorschein, als bei einem Erdbeben das Sonnental entstand. Obwohl das Virya also über Jahrtausende verwendet wurde, schadete seine tödliche Strahlung niemals einem Lebewesen. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als vor Kurzem der erste Arbeiter die Symptome der Strahlenkrankheit zeigte. Doch von diesem sicheren Ort aus, hat es auf der ganzen Welt immer wieder Menschen zu den unglaublichsten Fähigkeiten verholfen. Das waren meistens Menschen, die in Extremsituationen plötzlich einen sehr starken Willen aufbrachten und somit Energie freisetzen konnten. Doch es gab auch einige, die ihren Zugang zum Bewusstsein mit Hilfe von harten Drogen erweiterten und somit dauerhaft eine Menge Macht besaßen. Sie konnten sich also beispielsweise als Götter verehren lassen. Ich denke auch Ihnen sollte bekannt sein, in wie vielen Mumien auf der ganzen Welt Rückstände von Drogen, wie Kokain gefunden wurden. Diese Menschen konnten Kräfte freisetzen von denen die heutigen Energiekonzerne nicht einmal zu träumen wagen und die auch vom Schöpfer niemals gewünscht waren. Doch auch in jüngerer Zeit hat das Virya auf mysteriöse Weise die Geschichte beeinflusst. Es hat immer wieder Wissenschaftler gegeben, die es fertigbrachten unter bestimmten Bedingungen Experimente durchzuführen, die seine Energiequelle nutzten. Das bekannteste Beispiel des letzten Jahrhunderts ist hier vermutlich Nikola Tesla, der es fertig brachte ein Fahrzeug zu konstruieren, was unter bestimmten Umständen mit Nichts fuhr. Doch der Erfolg seiner Experimente hing nicht direkt mit Physik zusammen, sondern vielmehr mit seinem starken Willen. Aus diesem Grund ließen sich Teslas Experimente auch nie reproduzieren. Noch bis heute gibt es Menschen, die an etwas glauben, was sie als ‚Freie Energie‘ bezeichnen. Eine mysteriöse Energiequelle, die auf einem komplizierten Konzept der Implosion beruhen soll. Die Existenz dieser Freien Energie ist jedoch nie wissenschaftlich nachgewiesen worden, was einfach damit zusammen hängt, dass es sie nicht gibt. Doch auch andere Gruppierungen haben viel mit unserem Bewusstsein experimentiert und es geschafft enorme Energien freizusetzen. Ein einfaches Beispiel ist das Tunguska-Ereignis im letzten Jahrhundert. Damals wurde in Sibirien plötzlich eine enorme Menge Energie freigesetzt. Niemand hat jemals herausgefunden, was die Ursache für diese Explosion war, doch es kann nur ein fehlgeschlagenes Experiment der Masongruppe gewesen sein. Doch diese geheime Macht ist schon seit wir ein Bewusstsein haben bekannt. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, aus welchem Grund der Taltempel und auch die Cheopspyramide aus so riesigen Monolithen konstruiert wurden? Es wäre doch viel einfacher gewesen kleinere Steine zu verwenden, anstatt Granitblöcke von bis zu hundert Tonnen Gewicht. Der Grund ist einfach. Es war für das alte Viryavolk gar kein so großer Aufwand. Das Schneiden von Granit oder Kalkstein und auch das heute so komplizierte Verfahren einer Kernbohrung, war mit Hilfe des Wissens um das Urbewusstsein überhaupt kein Problem mehr. Doch natürlich gab es überall Naturvölker, die es für ihre eigenen Zwecke zu nutzen wussten. Es gibt auf der ganzen Erde Beispiele für uralte Bauwerke, deren Konstruktion unglaubliche Kräfte und hochentwickelte Technologie erfordert. Viele tausend Meilen vom alten Ägypten entfernt haben die Mayas in späteren Zeiträumen ebenfalls schnelle Sprünge zur Hochkultur gemacht. Doch auch im fernen Osten kam es zu einer blitzartigen Entwicklung. Auch wenn die Erforschung der interessantesten chinesischen Ausgrabungsstätten bisher nicht möglich war, weil die meisten dieser Orte in militärischem Sperrgebiet liegen, so sickern doch auch aus dieser Gegend immer mehr Informationen an die Öffentlichkeit. Beispielsweise die Legenden der weißen Pyramide in Zentralchina, deren Existenz aber stark umstritten ist und von der Wissenschaft abgestritten wird. Doch selbst wenn es diese Pyramide nicht gibt, so gibt es trotzdem etliche Beweise für plötzliche Entwicklung des Menschen zu einer Hochkultur. Einer dieser Hinweise sind die vielen tausend Pyramiden, die sich an allen möglichen Orten dieser Welt finden. Doch nur ein Bruchteil davon ist der Öffentlichkeit bekannt oder wurde bereits entdeckt. Und alle sind sie wesentlich älter als bisher angenommen und liegen teilweise sogar auf dem Meeresgrund verborgen. Im Süden Floridas zum Beispiel hat man Ende des letzten Jahrhunderts ein Objekt am Meeresboden kartographiert, welches eine Pyramide gigantischen Ausmaßes sein könnte. Oder denken Sie an die Unterwasserstadt in Yonaguni-Jima in Japan. Oder an Dwarka. Doch sogar davon abgesehen gibt es inzwischen hunderte von Beispielen für Bauwerke, die selbst mit den heutigen Technologien nicht nachgebaut werden könnten. Und dieser plötzliche gigantischen Aufschwung von primitiven Hütten zu monumentalen Bauwerken hat sich immer innerhalb kürzester Zeit ereignet. Und das war genau die Zeit in der dem Mensch das Bewusstsein gegeben wurde. Doch natürlich waren nur wenige in der Lage ihr Bewusstsein so gezielt einzusetzen. Mit den richtigen Wirkstoffen war es allerdings leichter möglich. Und die es schafften, ließen sich als Götter verehren, was aus unerfindlichen Gründen in der menschlichen Natur liegt. Entweder die Menschen verehren einen Gott oder sie möchten sich selbst zu Göttern machen. Sogar heute gilt dieses Gesetz noch, denn Wissenschaftler, die an keinen Gott glauben, haben selten noch Skrupel selbst Gott zu spielen. Die Pyramide des Virya ist also der Ursprung vieler Legenden der ganzen Welt und gleichzeitig der Ursprung der Göttermythen, die jedoch eigentlich nur Menschen mit den richtigen psychedelischen Mitteln waren. Denn Göttermythen gibt es in den Zeiten nach dem Virya haufenweise und alle weisen sie bestimmte Parallelen auf, die beweisen, dass es die Götter in gewisser Form tatsächlich gegeben hat. Die nächstjüngeren Hinweise finden sich in diesem Punkt in der Geschichte um Mesopotamien über 7000 Jahre nach der Konstruktion des Virya. Auf Tafeln aus feuchtem Ton wurde damals mit Hilfe von Schilfrohren die bisher ältestes Schöpfungsgeschichte verewigt. Die Tafeln wurden in Keilschrift verfasst und später getrocknet oder sogar gebrannt. Dieses Verfahren konservierte die Informationen bis in die heutige Zeit und ist wesentlich haltbarer als jeder Mikrochip. Auch die Geschichte der großen Flut, die man aus der Bibel kennt, hat es in fast derselben Form schon viel früher gegeben. Ich habe diese Tafeln der alten Sumerer in mühevoller Kleinstarbeit untersucht und mit den Informationen verglichen, die in späteren Religionen auftauchen. Es stellte sich heraus, dass die sumerische Religion später einen großen Einfluss auf das babylonische Weltbild hatte und diese wiederum beeinflusste die Ursprünge der jüdischen Schriften, während das Volk Israel im babylonischen Exil gefangen war. Die heute so bekannte Schöpfungsgeschichte der Bibel wurde also stark vom Volk der Sumerer beeinflusst und diese wiederum wurden vom Viryavolk beeinflusst. Die heutigen Religionen haben alle ihren Ursprung in dieser alten Hochkultur. Die monotheistischen Religionen haben dann erst viel später Einzug ins Weltgeschehen genommen und sogar die ältesten ihrer heiligen Schriften enthalten noch Hinweise auf den früher vorherrschenden Polytheismus. Haben Sie sich beispielsweise noch nie gefragt, wieso es im Genesis am Anfang heißt: ‚Lasset uns Menschen machen‘? Hier ist gar nicht die Rede von nur einem Gott. Bevor es aber den durch das Virya verursachten Polytheismus überhaupt gab, war der Schamanismus die vorherrschende Haltung. Also zu einer Zeit vor über zehntausend Jahren, die wir heute als Pleistozän bezeichnen. Man glaubte damals in allen Dingen das Göttliche zu sehen. Nicht nur in Lebewesen, sondern auch in Steinen, Pflanzen oder natürlich den Gestirnen. Der Schamanismus war aber nichts weiter als ein Konglomerat aus Unwissenheit und Placeboeffekt. Den meisten hat dieser Irrglaube vermutlich mehr Angst eingejagt als dass er geholfen hätte auch wenn seine Herkunft recht logisch ist. Die Menschen beobachteten ein bestimmtes Phänomen, was sie sich nicht erklären konnten und brachten dieses Phänomen sofort mit göttlichem Handeln in Zusammenhang. Wir sind heute an einem Punkt angelangt an dem viele Wissenschaftler sich aus ähnlichen Gründen erneut zu etwas bekennen, was durchaus Parallelen zum Schamanismus aufweist. Dem Pantheismus, der jedoch dem ganzen Universum eine göttliche Grundlage zuspricht und es als Einheit sieht. Ein gefundenes Fressen für die New Age Gemeinde, in der es seit dem letzten Jahrhundert erneut von pseudowissenschaftlichen Lehren handelt, die jedoch weder bewiesen werden können, noch sonderlich gute Ergebnisse liefern. Ihre Herkunft sind Beobachtungen der Quantenmechanik, die mit dem gesunden Menschenverstand nicht mehr nachvollzogen werden können. In der Welt der kleinsten Teilchen verschwimmen einfache Gesetze von Ursache und Wirkung oder werden komplett außer Kraft gesetzt. Wir hatten es also am Anfang der Menschheitsgeschichte mit Schamanismus zu tun, der aber keine wahre Grundlage hatte. Vor über zehntausend Jahren tauchten dann aber plötzlich die ersten Hochkulturen auf, deren Aufstieg nur durch das Virya möglich war. Das Virya machte manche Menschen zu sehr mächtigen Wesen, die mit Göttern verwechselt wurden und somit den Polytheismus ins Leben riefen. Doch sobald eine Hochkultur einen bestimmten Entwicklungsstand erreicht hatte, schwanden mit jeder Generation Disziplin und Selbstbeherrschung, die für seine Verwendung von unschätzbarem Wert sind. Die Götter bekämpften sich bis aufs Blut und starben aus. Kurze Zeit später ging die ganze Kultur zugrunde und nur die phänomenalen Bauwerke wurden zurückgelassen. Die Maya sind ein gutes Beispiel für einen solchen Zyklus. Sie tauchten plötzlich auf und verschwanden genauso plötzlich wieder. Dieses Phänomen wiederholte sich immer wieder, bis es irgendwann dazu kam, dass sich bestimmte Hochkulturen in der Nähe von Flüssen entwickelten. Auch hier begann alles mit der Entdeckung der Macht durch das Virya und dem anschließenden Verlust von Disziplin, wenn ein gewisses Ziel erreicht war. Doch die Flüsse ließen die Menschen Landwirtschaft betreiben, was ihnen trotzdem eine Überlebenschance gab. Beispielsweise das alte Ägypten am Fluss Nil oder das mesopotamische Reich der Sumerer an Euphrat und Tigris. Obwohl das Wissen um das Virya also immer wieder verloren ging, überlebten die Hochkulturen schließlich und entwickelten sich weiter. Und als es schließlich fast keine Menschen mehr gab, die den Polytheismus mit ihrem Wissen um das Virya vorantrieben, kam so manches Volk auf die Idee, die Kraft aller »Götter« in einem einzigen Gott zu vereinen. Das beste Beispiel sind die Hebräer, aus denen später die drei großen monotheistischen Weltreligionen hervorgehen sollten. Doch ohne es zu wissen waren sie mit dem Monotheismus das erste Mal tatsächlich sehr nah an der tatsächlichen Wahrheit, denn sowohl Schamanismus als auch Polytheismus waren nur eine Illusion gewesen. Der Monotheismus kam aber der Vorstellung eines bewussten Geistes, der unserem Universum zugrunde liegt bereits sehr nah.

Persönlichkeit

Und jetzt kommt der eigentlich wichtigste Gedanke von allen: Ich stelle mir bereits seit meiner Kindheit die Frage, wie bewusste Menschen Persönlichkeiten haben können, wenn diesen Persönlichkeiten ein unpersönliches Bewusstsein zu Grunde liegt. Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis und wir sind an der Stelle der Geschichte angekommen, wo ich mit Ihnen hin wollte. Bei der Erkenntnis, dass das Urbewusstsein eine Persönlichkeit hat.«
Bobby war sich nicht ganz sicher, ob sie Cunningham die ganze Zeit über hatte folgen können, denn ihr waren während dem Zuhören immer wieder die Augen zugefallen. Aus diesem Grund antwortete sie nicht sofort, sondern ging die wichtigsten Punkte seiner Geschichte noch einmal im Kopf durch. Nach seiner Theorie existierte das ganze Universum und all sein Inhalt lediglich in den Gedanken eines Urbewusstseins, welches aus sich selbst heraus und von Raum und Zeit unabhängig existierte. Doch neben diesem alles durchdringenden Geist gab es gleichzeitig die grundsätzlichen Gesetze der Logik an die sogar das Urbewusstsein gebunden war, da auch diese aus sich selbst heraus existierten. Unter Beachtung dieser absoluten Konsistenz hatte das Urbewusstsein in seinen Gedanken eine Struktur erschaffen, die sich aufgrund der logischen Gesetze automatisch genauso entwickelte, dass das Universum und echte Lebewesen entstehen konnten. Wenn sie es genauer bedachte, so musste dieses Wesen diese Grundstruktur mit Absicht genauso gestaltet haben, dass es nur logisch war, wenn nach über 13 Milliarden Jahren irgendwann die Gesetze der Logik automatisch Leben hervorbrachten. Denn die natürliche Selektion, Mutation und Rekombination, waren vermutlich letztendlich auf die grundlegenden logischen Gesetzte zurückzuführen, die aus der absoluten Konsistenz folgten. Doch damit war es noch nicht genug gewesen. Schon kurze Zeit später hatte das Bewusstsein zum ersten Mal in den Prozess seiner Gedanken aktiv eingegriffen und Wesen erschaffen, die ihm näher sein sollten als der Rest seiner Schöpfung. Diesen Wesen gab das Bewusstsein einen Teil von seiner eigenen Bewusstheit. Denn das war die einzige Sache, die nicht durch eine Struktur hervorgebracht werden konnte, die allein auf den logischen Gesetzen beruhte. Um bewusstes Leben hervorzurufen, war ein zugrunde liegender bewusster Geist notwendig. Das alles führte aber unweigerlich auch zu einer Annahme, über deren Tragweite sich Bobby erst viele Monate später klar werden sollte. Das allem zugrunde liegende Bewusstsein war kein unpersönliches Etwas, sondern eine Vielschichtige Persönlichkeit, die unweigerlich große Bedeutung für das Leben eines jeden Menschen haben sollte. Doch der erste bewusste Mensch bekam nicht nur eine direkte Verbindung zu seinem Schöpfer, sondern gleichzeitig wurde er beauftragt das Virya zu entwerfen. Ein Artefakt, was der Menschheit in schweren Zeiten helfen konnte und in verzweifelten Situationen wahre Wunder wirkte. Doch die Kraft dieses Artefaktes wurde die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch missbraucht. Doch an dieser Stelle kamen Bobby plötzlich doch noch zwei Fragen in den Sinn. Sie beobachtete, wie Cunningham vom Freeway abfuhr und einem Schild folgte, was ihr zeigte, wie nah sie ihrem Ziel inzwischen waren. Sie reihten sich in eine träge Schlange aus hupenden Fahrzeugen ein, deren Dächer in der aufgehenden Sonne blitzten. Es war ein Frühlingstag wie aus dem Bilderbuch und wären ihre Gedanken nicht so unendlich schwer gewesen, hätte sie sich an dem makellos blauen Himmel und dem frischen Grün der Parkanlagen erfreut. Sie streckte sich und sah Cunningham dann interessiert an. »Ihre Geschichte klingt wirklich unglaublich und ich werde vermutlich noch viel erleben müssen um daran glauben zu können. Aber dennoch frage ich mich, wieso das Urbewusstsein das Virya konstruieren ließ. Und wieso hat es uns überhaupt einen Teil von sich gegeben?«
Cunningham wich geschickt einem Motorroller aus, der mit überraschender Geschwindigkeit von hinten angebraust kam. »Ich verstehe Ihre Fragen und beide sind natürlich berechtigt. Die erste ist sehr einfach zu beantworten. Das Virya wurde zwar tatsächlich bis heute oft ausgenutzt, doch wurde es öfter als Sie glauben auch zum Guten verwendet. Wenn man sich diese Welt anschaut, so bekommt man als Erstes einen ausgesprochen schlechten Eindruck vom Menschen. Man sieht ein wirtschaftliches System, was auf Zinsen beruht und auf diese Weise täglich für größere Ungerechtigkeit sorgt. Man sieht Korruption, Ausbeutung, Kriege, Hektik, moderne Sklaverei, Terror, Folter, Existenzangst, vergiftete Seen, Kinderarbeit, Frauenbeschneidung, religiösen Wahnsinn, Unterdrückung, Depression und jeden Tag sind die Nachrichten voll von neuen Hiobsbotschaften, die uns den Eindruck vermitteln alles sei von Grund auf schlecht. Aber ich kann Sie an dieser Stelle beruhigen. Es gibt in dieser Welt tatsächlich einige böse Menschen und manche davon sitzen an so langen Hebeln oder verfügen über so unglaubliches Kapital, wie sie es sich in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen könnten. Und dieser ganze Wahnsinn geht durch die Globalisierung und den technologischen Fortschritt immer weiter. Die Macht und das Geld dieser Welt wird mit jedem Tag auf weniger Menschen reduziert und weil die Methoden meistens sehr skrupellos sind um an die Positionen dieser Menschen zu gelangen, sind es meistens böse Menschen, die das Sagen haben. Und selbst wenn es einmal einer von den Guten in die höheren Ränge schafft, wird dieser entweder durch das Geld und die Macht zum Negativen verändert oder von seinen Kollegen unschädlich gemacht. Es hat in der Vergangenheit etliche Beispiele für solche Fälle gegeben und daran wird sich auch in der Zukunft nichts ändern. Wenn ich allein daran denke, welche Macht alleine die Unternehmen dieser Erde haben, die Computerchips herstellen wird mir ganz flau. Und Sie können mir glauben, dass die soziale Marktwirtschaft mit ihren Kartellämtern auf Dauer nicht für Gerechtigkeit sorgen wird. Die so hochgelobte Konkurrenz, die angeblich die Preise senken soll ist inzwischen nichts weiter als eine Seifenblase. In der heutigen Zeit wird beispielsweise durch die verschieden Geschäftsketten die Illusion aufrechterhalten, der Kunde hätte eine Wahl welches Produkt er unterstützten möchte. Aber auf oberster Ebene freuen sich in den meisten Fällen dieselben und das gilt inzwischen leider für alle größeren Wirtschaftszweige. Ich erwähne das deswegen, damit Ihnen klar wird, wie wenige Menschen inzwischen die Macht auf diesem Planeten haben. Und vor allem: Wie wenig die Regierungen der einzelnen Länder selbst noch zu sagen haben. Die eigentlichen Machthaber treten nur selten in Erscheinung und meistens sind diese wenigen Menschen tatsächlich böse, denn man muss böse sein um diese schwindelerregenden Höhen der Macht zu erreichen. Und leider gilt dieses Konzept nicht nur in der freien Marktwirtschaft, sondern überall auf der Welt. Es sind also nur einige Wenige, die diese Welt in Kriege und Armut stürzen, denn eigentlich strotzt diese Erde nur so an Potenzial. Eigentlich müsste niemand hungern. Eigentlich müsste niemand in sinnlosen Kriegen sterben, deren wahre Gründe meistens unter Verschluss gehalten werden. Eigentlich müsste niemand neben gigantischen Kornkammern verhungern. Sie können also nicht aus dem Elend dieser Welt schließen, dass der Mensch von Natur aus böse ist. Leider hat Chase diesen Fehler gemacht. Es gibt böse Menschen, aber bei ihnen handelt es sich nur um einen winzigen Bruchteil. Die meisten »bösen« Menschen sind eigentlich nicht böse, sondern vielmehr Opfer des Systems. Wenn Sie nachts überfallen werden, sollten Sie nicht glauben der Übeltäter sei ein böser Mensch. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist er einfach nur ein armer Mensch, der keine andere Wahl hat und aus der von oben verursachten Armut in ein tiefes Loch gestürzt ist. Wenn sie morgens von ihrem Nachbarn beschimpft werden, dann liegt das mit großer Wahrscheinlichkeit nur daran, weil er eventuell krank ist oder gerade von seiner Frau verlassen wurde. Wir Menschen sind nicht von Natur aus unfreundlich, bösartig oder untreu. Wir wurden von unserer Natur her als gute Wesen erschaffen, doch leider sind wir einigen bösen Kreaturen zum Opfer gefallen, deren einzige Absicht es war, sich selbst zu bereichern und den Rest der Welt zu unterdrücken. Wenn Sie unsere Welt einmal aus dieser neuen Perspektive sehen, muss Ihnen auch der Gebrauch des Viryas in einem neuen Licht erscheinen. Das Virya wurde meistens von guten Menschen zum Guten eingesetzt, doch die wenigen Beispiele in denen es für die böse Seite verwendet wurde, sind natürlich viel bekannter geworden, denn Mord und Totschlag sprechen sich einfach schneller herum als ein Akt der Nächstenliebe. Aus diesem Grund wurde dem Menschen das Virya gegeben. Auf ihre zweite Frage zu antworten ist bereits ein bisschen schwerer.

Wieso existieren wir?

Aus welchem Grund hat unser Schöpfer uns überhaupt gemacht? Was hatte er davon? Die Antwort auf diese Frage, kann man in zwei Teile aufteilen. Den ersten Teil hatte ich schon einmal erwähnt. Es liegt einfach in der Natur eines Bewusstseins sich Dinge vorzustellen und somit einen schöpferischen Akt zu begehen. Sie könnten genauso gut die Frage stellen, wieso Eis gefroren ist. Es liegt einfach in seiner Natur, genauso wie es in der Natur eines Bewusstseins liegt neue Dinge zu erschaffen. Der zweite Teil betrifft die Frage, wieso uns der Schöpfer nicht nur schuf, sondern uns einen Teil seines eigenen Bewusstseins gegeben hat, obwohl das streng genommen keine direkte Eigenschaft mehr ist. Und an dieser Stelle wird es für Sie wirklich interessant, denn der Schöpfer ist kein unpersönliches Ding, wie es heutzutage viele Esoteriker oder die Verfechter des Pantheismus glauben, sondern vielmehr eine Persönlichkeit. Doch sobald wir es mit einer Persönlichkeit zu tun bekommen, taucht im selben Zug sofort auch der Begriff »Beziehung« auf, denn Persönlichkeiten, haben den unstillbaren Wunsch nach Beziehungen. Genauso wie im Bewusstsein das Schöpferische liegt, so liegt in der Persönlichkeit die Beziehung. Ohne Beziehungen wäre das Leben eines jeden Geschöpfes sinnlos. Wir sind alle für Beziehungen geschaffen worden und das kommt vom ursprünglichen Wunsch unseres Schöpfers nach einem Gegenüber. Weil es also in der Natur eines Bewusstseins liegt, sich Dinge vorzustellen, wurde die Welt geschaffen. Und weil es in der Natur einer Persönlichkeit liegt, Beziehung zu anderen Persönlichkeiten zu haben, wurde uns ein Teil des Urbewusstseins geschenkt. Jedem von uns. Und weil das Urbewusstsein in seiner Fülle unglaublich ist, ist genug für jeden Menschen da. Uns allen wurde bei unserer Zeugung ein anderer Teil des Urbewusstseins zuteil. Aus diesem Grunde ist es ja auch so spannend herauszufinden, welchen Teil man selbst repräsentiert. Wenn alle Menschen diese Wahrheit verinnerlichen würden, hätten wir in der Welt von Morgen eine Einheit, die unseren Schöpfer wie ein Mosaik in seiner vollen Pracht zeigen könnte. Diese gesamte Pracht ist der ursprüngliche Grund, wieso wir geschaffen wurden. Unser Schöpfer wünscht sich eine einheitlich ihm zugewandte Menschheit ohne Ausnahmen. Er will Kontakt zu uns.« Bobby hatte für den jetzigen Moment erst einmal genug gehört. Sie versuchte all die neuen Informationen zu verarbeiten und dachte darüber nach Cunningham darum zu bitten ihr seine Geschichte in Buchform zu überreichen, damit sie alles noch einmal genau durchdenken konnte. Konnte alles das tatsächlich wahr sein? Und wenn ja: Woher wusste Cunningham von all dem? Sie hätte ihm am Liebsten noch die Frage gestellt, aus welchem Grund der Schöpfer den Missbrauch des Kamots und die ungleichen Machtverhältnisse dieser Erde zuließ und somit seinen eigenen Plan in Verruf geriet, doch brauchte ihr Kopf erst einmal eine lange Erholung. Sie schwiegen einige Minuten und beobachteten, wie das Leben auf den Straßen langsam begann. Bobby beobachtete einen Zeitungsjungen, der ziemlich müde einen kleinen Wagen vor sich her schob und erinnerte sich an die vielen kalten Nächte in denen sie selbst Zeitungen ausgetragen hatte. Noch heute begannen ihre Füße allein bei dem Gedanken daran zu frieren. Doch verschwand dieser Gedanke sofort wieder, als Cunningham schließlich in eine ruhige Seitengasse abbog und fröhlich verkündete, sie haben ihr Ziel erreicht. Das Haus, vor dem der Wagen zum Stehen kam, war nur noch eine Ruine. Haustür und Fenster waren mit gelbem Absperrband versiegelt worden und es lag der subtile Geruch nach verbranntem Kunststoff in der Luft…

Wahrnehmung und Wirklichkeit

»Ich muss Ihnen allen leider eine unangenehme Wahrheit offenbaren. Doch nur wenn Sie nach meinem Vortrag weiter suchen, wird Ihnen die volle Tragweite dieser Wahrheit erst richtig bewusst werden. Das hat die Vergangenheit schon oft gezeigt und schon Ghandi hat uns gelehrt selbst die Veränderung zu sein, die wir uns für diese Welt wünschen. Doch was ist es für eine Wahrheit, von der ich spreche? Ich möchte Sie nicht länger auf die Folter spannen.« Der Professor wanderte etwas unbeholfen zu seinem kleinen Laptop und schaltete eine Folie weiter. Ein paar seiner Studenten begannen damit in ihren Taschen zu wühlen und im Raum breitete sich eine unterschwellige Unruhe aus. »Ich möchte Sie alle bitten Ihr Schreibzeug in den Taschen verstaut zu lassen. Sie brauchen bei der Begrüßungsrede noch nicht mitzuschreiben. Bitte bewahren Sie Ruhe und hören Sie mir genau zu, denn ich habe nicht vor Sie mit bedeutungslosen Floskeln und höflichen Kalendersprüchen zu langweilen.« Es wurde ruhig im Hörsaal, doch das war nicht von Dauer. Die Botschaft, die auf der Leinwand zu lesen war sorgte erneut für Unruhe. »Sie alle sind Gefangene Ihres eigenen Verstandes!« Dieses Mal ließ der Professor einige Sekunden verstreichen, um der Botschaft Nachdruck zu verleihen. Als die Studenten sich wieder beruhigt hatten, fuhr er fort: »Ja, Sie haben richtig gelesen. Sie alle sind gefangen in Ihrem eigenen Verstand. Und bevor Sie Ihr Studium beginnen, möchte ich Ihnen auch erklären wieso. Vor einigen Jahrzehnten wurde in Harvard ein Experiment mit Katzen durchgeführt. Eine Gruppe von kleinen Kätzchen wurde in einem Raum aufgezogen, in dem es nur horizontale Strukturen gab. Das Ergebnis dieses Experimentes war verblüffend. Weil die Katzen in einer Welt aufgewachsen waren, in der es keine vertikalen Eindrücke gegeben hatte, waren ihre Gehirne grundlegend anders strukturiert. Doch auch in ihrem späteren Leben wurde dieser Defekt nicht behoben und die Tiere wahren unfähig vertikale Strukturen wahrzunehmen. Natürlich lebten diese Katzen in der Illusion, es gäbe ausschließlich horizontale Dinge. Experimente dieser Art wurden in den verschiedensten Formen wiederholt und beweisen eine Festlegung des Gehirnes im Kindesalter. Und genau darum geht es bei meiner Botschaft. Auch Sie sind nämlich in einer Welt aufgewachsen, in der es in gewisser Weise nur horizontale Streifen gibt.« Einige Studenten mussten lachen. Andere tippten in ihren Laptops Suchbegriffe ein um eine unabhängige Quelle zu den Experimenten zu finden. In einer der hinteren Reihen ließ einer der Studenten verlauten, er habe heute sowohl vertikale als auch horizontale Streifen auf der Toilette hinterlassen. Das sorgte für noch mehr Gelächter. Der Professor schien mit dieser Reaktion nicht ganz einverstanden und raufte sich etwas verärgert die Haare. »Ich möchte um Ruhe bitten. Und heben Sie sich Ihre geschmacklosen Kommentare bitte für die Pause auf, danke.« Er schaltete eine weitere Folie weiter, auf der eine Liste wissenschaftlicher Quellen angegeben war. »Sie finden alle relevanten Informationen im Quellenverzeichnis meines Skriptes. Bitte schauen Sie sich das aber erst nach der Veranstaltung an. Ich wollte Sie mit diesem Einstieg lediglich auf die Illusion aufmerksam machen, in der Sie alle leben. Schon seit Ihrem Kindesalter haben Sie sich an eine bestimmte Art von Wahrheit gewöhnt. Diese Wahrheit wurde bis zum heutigen Tage von Ihrem neuronalen System immer wieder bestätigt. Alle anderen Eindrücke ignoriert ihr Gehirn, genau wie es für die Katzen keine vertikalen Streifen gab. Und dagegen kann leider auch niemand von Ihnen etwas tun, denn Ihre neuronale Verschaltung sieht an dieser Stelle leider kein Umdenken mehr vor. Aus diesem Grund ist es auch so wichtig, sich mit Kindern zu beschäftigen, denn das sind die einzigen Lebewesen, deren kognitiven Fähigkeiten noch nicht so verdreht worden sind wie unsere. Aber auch mit psychedelischen Drogen ist es möglich, diese Schranke außer Kraft zu setzen. Sie alle haben mit Sicherheit früher in der Schule von Ihrem eigenen Gesicht eine Gipsmaske angefertigt. Fotografiert man diese Masken von der Innen und Außenseite, so sehen beide Bilder für uns Menschen identisch aus. Auch die konkave Seite erscheint uns konvex, weil unser Gehirn an konvexe Gesichter gewöhnt ist. Menschen, die unter einer starken Schizophrenie leiden oder LSD genommen haben, können jedoch zwischen beiden Masken einen Unterschied erkennen. Der lebenswichtige Mechanismus unseres Gehirnes ist bei Ihnen außer Kraft gesetzt. Und aus all diesen Fakten folgt eine wichtige Erkenntnis.« Er schaltete noch eine Folie weiter und ein weiterer Schriftzug erschien: Wir alle glauben nicht, was wir sehen, sondern wir sehen nur das, was wir aufgrund unserer falschen Veranlagung glauben. »Lassen Sie sich diese Wahrheit einmal auf der Zunge zergehen und hinterfragen Sie ab diesem Zeitpunkt Ihre eigenen Auffassung von Realität. Schon Immanuel Kant hat sich über diese Dinge Gedanken gemacht. Und bitte machen Sie nie den Fehler in Kant nur einen Philosophen zu sehen. Er wurde schließlich stark von Newton beeinflusst und hat sich selbst intensiv mit Naturwissenschaft auseinander gesetzt. Vermutlich ist fast keinem von Ihnen zum Beispiel klar, dass er eigene Theorien zur Entstehung unseres Sonnensystems entwickelte, die sich später als wahr erwiesen. Besonders wichtig war ihm aber eine Erkenntnis Newtons, denn der hatte kurz zuvor die Wissenschaft des Mittelalters mit einer wichtigen Theorie revidiert. Er hatte es geschafft die Gesetze der Natur auf eine geringe Anzahl zu reduzieren. Man hatte schließlich zuvor noch in dem Glauben gelebt, die Gesetze der Erde und des Himmels würden sich grundlegend voneinander unterscheiden. Doch durch Newtons Scharfsinn wurde der Menschheit das erste Mal die Gesamtheit des Universums bewusst. Kant war vermutlich einer der ersten Menschen, denen die große Illusion dämmerte, in der wir alle heute noch immer leben. Doch erst eine ganze Weile später konnte diese Gesamtheit experimentell nachgewiesen werden. Aber behalten Sie sich das zuerst noch im Hinterkopf. Wichtiger ist mir anfangs aber ein Unterschied, den Sie sich merken müssen. Kant hat niemals behauptete unsere Welt sei eine reine Illusion in der nichts real ist. Er hat vielmehr behauptet, die Dinge in unserer Welt würden durch unsere eigenen Betrachtungsweisen des Universums beeinflusst. Wie konnten Naturwissenschaftler durch reine Gedankenexperimente Rückschlüsse auf unser Universum ziehen, die sich später als wahr herausstellten? Kant glaubte, so etwas sei nur möglich, weil unsere physikalischen Grundstrukturen von der Art und Weise abhängen, wie wir die Realität betrachten. Schon Albert Einstein wunderte sich später über die Fähigkeit des Menschen das Universum zu begreifen. Ich frage mich ob er Kant gelesen hat und ob ihm klar war, dass unsere Realität eventuell nur deswegen für uns verständlich ist, weil wir mit unseren Gedanken eine eigene Realität geformt haben. Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt aus welchem Grund für uns Menschen feste Gegenstände undurchsichtig sind, Luft hingegen transparent? Der Grund ist einfach. Unsere Augen sind nur in der Lage einen winzigen Bruchteil des elektromagnetischen Spektrums wahrzunehmen. Lange Radiowellen sind unsichtbar für uns, genauso wie ultraviolettes Licht. Aber genau den Teil des Lichtes, der von festen Gegenständen reflektiert wird und die Luft problemlos durchdringt, kann unser Sehorgan wahrnehmen. Wenn Sie über diese Tatsache einmal kurz nachdenken, wird Ihnen vermutlich immer stärker bewusst, welcher phänomenalen Wahrheit Kant auf der Spur war. Doch es zeigt uns auch sehr gut, was er meint, wenn er von Wirklichkeit spricht. Unsere Wirklichkeit ist nur eine von sehr vielen Wirklichkeiten. Nämlich genau die Wirklichkeit, die entsteht, sobald es Wesen wie uns gibt, die sie betrachten. Wären wir beispielsweise eine Fledermaus, so könnten wir infrarotes Licht sehen. Und wenn wir Gammastrahlen sehen könnten, wären alle Wände für uns so durchsichtig wie Glas. Und wenn wir komplett andere Wesen wären, so würden für uns auch ganz andere physikalische Gesetze gelten. Es gäbe eventuell gar keine Kausalität mehr. Besonders das letzte Jahrhundert ist für immer mehr Phänomene bekannt geworden, die Kants Theorie immer wieder bestätigt haben. Daher ist er vermutlich bis heute der am meisten gelesene Philosoph seiner Zeit. Ich möchte Ihnen einige dieser Phänomene vorstellen. Sie haben als Studenten der ägyptischen Philologie vermutlich noch nicht viel von Gustav Jung gehört. Jung war einer der ersten Psychologen und er entdeckte ein Prinzip, was neben der Kausalität existierte und bis heute noch nicht verstanden ist. Normalerweise sind wir ganz im Sinne des Modus ponens an das Prinzip von Ursache und Wirkung gewöhnt. Wir denken zum Beispiel an einen bestimmten Menschen und greifen anschließend zum Telefonhörer um ihn anzurufen. Jung entdeckte jedoch noch ein weiteres Prinzip, was genauso real ist wie die Kausalität. Er nannte es Synchronizität, was Sie nicht mit der Synchronität verwechseln dürfen. Nach dem Prinzip der Synchronizität gibt es Abläufe, die dem Prinzip der Kausalität nicht entsprechen. Wem von Ihnen ist noch nie eine seltsame Wechselwirkung Ihres Bewusstseins mit einer anderen Person aufgefallen? Haben Sie noch nie an etwas gedacht, während einer ihrer engsten Bekannten genau denselben Gedanken hatte? Dieses Prinzip wurde von Jung intensiv untersucht und auch wenn es nicht leicht reproduzierbar ist, wird es noch bis heute von renommierten Wissenschaftlern untersucht und diskutiert. Es scheint eine Art spukhafte Wechselwirkung zwischen den Gehirnen zu geben, die wir uns einfach nicht erklären können. Und wo wir schon beim Stichwort sind, möchte ich Ihnen gleich noch ein weiteres verblüffendes Experiment aus der Physik nahelegen. Es ist inzwischen möglich mit Hilfe eines einfachen Versuchsaufbaus kleine Teilchen zu erzeugen, die miteinander verbunden sind, egal wie weit man sie voneinander entfernt. Eine Veränderung des einen Teilchens, hat ohne Zeitverzögerung auch eine Veränderung des anderen Teilchens zufolge. Wissen Sie was dieses Phänomen zu bedeuten hat? Es nennt sich Quantenverschränkung und wird unsere Zukunft maßgeblich beeinflussen. Es gibt bis heute noch keinen Menschen, der verstanden hat wieso die Quantenverschränkung funktioniert. Doch es wird nicht mehr lange dauern, bis man dieses Phänomen zur Übertragung von verschlüsselten Daten verwenden wird. Überhaupt ist die gesamte Quantenmechanik sowohl eine Sammlung aus wirtschaftlich sehr rentablen Theorien, als auch eine der phänomenalsten Erkenntnisse des letzten Jahrhunderts. Schon Nils Bohr hat gesagt, dass jeder den die Quantentheorie nicht schockiert, sie nicht verstanden hat. Ohne sie sähe unsere heutige Welt bereits ganz anders aus, denn vom Fernseher bis zum Kernspintomographen wird sie inzwischen eingesetzt. Trotzdem macht sie Vorhersagen, die unserer eigenen Vorstellung von Wahrheit bedeutend widersprechen. Schon Einstein und Bohr haben über einen langen Zeitraum über genau diese Vorhersagen gestritten. Bohr folgte ihren Gesetzen und stellte fest, dass es Teilchen geben muss, die sich gleichzeitig an mehreren Orten befinden. Einstein widersetzte sich dieser Theorie, bis diese Art von Paradoxon zumindest mathematisch gelöst werden konnte. Aber ich schweife etwas vom Thema ab. Ich erzähle Ihnen all diese Dinge nicht nur aus Spaß, sondern um ihr Bewusstsein zu erweitern. Sie alle sind in einer Welt voller Eindrücke aufgewachsen. Ihre Sinnesorgane nehmen ununterbrochen neue Informationen auf und alle diese Informationen werden von Ihrem Gehirn in ein Raster gepresst, was Ihrer derzeitigen Auffassung von Realität entspricht. Aber diese Realität ist von Ihnen abhängig und im höchsten Maße subjektiv. Gleichzeitig gibt es jedoch Instanzen auf dieser Erde, die sich dieser menschlichen Schwäche sehr bewusst sind und diese gezielt für ihre eigenen Zwecke ausnutzen. Informieren Sie sich über die Masongruppe! Und vergessen Sie sofort wieder, dass ich Ihnen diesen Namen genannt habe. Ich möchte Ihnen aus diesem Grund ans Herz legen, so kritisch wie möglich zu sein. Prüfen Sie jede Wahrheit, die man Ihnen an dieser Universität verkauft so gründlich wie möglich. Das heutige Bildungssystem ist zu unserem Leidwesen nicht mehr darauf ausgelegt freie Denker zu erschaffen, sondern möchte Sie alle nur noch auf ein Monster namens »freier Marktwirtschaft« vorbereiten. Aber dieses Monster hat den größten Teil von Ihnen vermutlich schon längst verschlungen. Und es braucht keine Denker, sondern Spezialisten in den verschiedenen Fachgebieten. Doch der Begriff »Spezialist« ist nur ein von der Gesellschaft geschaffener Euphemismus für einen Menschen, der Weitsicht und Objektivität verloren hat. Ein Spezialist kennt nur noch sein eigenes Fachgebiet. Er konzentriert sich nur noch auf einen winzigen Teil des Gesamtsystems. Auf diese Weise wird die so wertvolle Objektivität, die die vergangene Jahrhundertwende so maßgeblich beeinflusst hat unter dem Joch der Lüge versklavt. Doch diese Wahrheit trifft wahrlich nicht nur auf Ihre Auffassung von der Gegenwart zu, sondern auch auf das, was Ihnen hier als Geschichte der Menschheit verkauft wird. Schon Samuel Butler hat gesagt, dass der wichtigste Unterschied zwischen Gott und den Historikern die Unfähigkeit Gottes ist unsere Vergangenheit zu ändern. Merken Sie sich das! Ein großer Teil des gelehrten Universitätsstoff hat schon längst die Filter von bestimmten Interessengruppen durchlaufen. Was Ihnen hier beigebracht wird ist oft nur eine von Gesellschaft und Religion verdrehte Lüge. Doch dieselben Interessengruppen haben auch schon längst die Medien infiltriert und die Medien lügen heutzutage so rasant, dass mir manchmal die Haare zu Berge stehen. Etwas wie freie Berichterstattung gibt es schon gar nicht mehr. Bitte fangen Sie an zu denken und glauben Sie nicht alles, was Ihnen die Medien und die durch genau diese Instanzen geprägte Gesellschaft erzählt und vorgaukelt. Fangen Sie an zu denken und lassen Sie nicht andere für sich denken. Sie werden schon nach kurzer Zeit eine Mannigfaltigkeit an Lügen entlarven, die Sie eventuell Ihr ganzes Leben geglaubt haben. Und das ohne jemals die Frage gestellt zu haben, warum diese Dinge wahr sind. Und wenn Sie desillusioniert worden sind, werden Sie hinter dem niedergetrampelten Gestrüpp aus Lügen schließlich auf etwas stoßen, was Ihnen für einige Momente den Atem rauben wird. Sie werden auf den Sinn Ihres Lebens stoßen. Doch auch wenn diese Suche nicht leicht wird, so zahlt sie sich am Ende in hohem Maße aus. Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen. Und weil meine Zeit an dieser Stelle leider begrenzt ist und auch Dr. Schwarz von der American Agency of natural and exact Sciences noch etwas sagen möchte, muss ich mich leider schon von Ihnen verabschieden. Doch natürlich werde ich einige von Ihnen im kommenden Semester wiedersehen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine gute Zeit an der Southern New Hampshire University.« Professor Cunningham schaltete noch eine Folie weiter, doch bevor er seinen Laptop vom Beamer entfernt hatte, konnten die Studenten noch eine weitere Botschaft auf der Leinwand lesen: »Glaube denen, die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben.« – Gide